Der Berg ist in Bewegung! Das Schweizer Dorf Blatten im Lötschental musste wegen eines drohenden Bergsturzes bereits vergangene Woche komplett evakuiert werden. Da war der Ostgrat des Kleinen Nesthorns bereits kollabiert, der Gipfels abgebrochen. Unmengen an Geröll landeten auf dem darunterliegenden Birch-Gletscher – am Mittwoch wurde jetzt das Horror-Szenario Realität.
Die Last des Gesteins hatte den Gletscher schon länger in Bewegung gesetzt, in der Nacht brach ein Teil ab und ein Schwall Eis, Fels, Schnee und Wasser stürzte ins Tal. Am Morgen wurde erstmals der Damm, der bisher kleine Abbrücke vom Dorf weggelenkt hatte, überspült.
"Der Lawinenschuttdamm in Richtung des Dorfs Blatten ist mittlerweile fast vollständig aufgefüllt und erste Mengen des Gemischs aus Schnee, Eis und Geröll haben den Damm bereits überschritten", sagte Matthias Ebener vom Führungsstab zu "20 Minuten". Da hatte das Abbruchmaterial die Gebäude im Tal aber noch nicht erreicht.
Am Nachmittag, um 15.30 Uhr, folgte die Katastrophe: Ein weiterer gigantischer Gletscherabbruch rauschte direkt durch den Ort Blatten durch. Das Tal wurde von einer riesigen Staubwolke verschluckt. Die Schäden dürften enorm sein.
Wie ein SRF-Reporter vor Ort schreibt, sei die Druckwelle deutlich spürbar gewesen. Der massive Gletscherbruch wurde laut "Walliser Bote" sogar von Seismografen als Erdbeben der Stärke 3,1 auf der Richterskala aufgezeichnet. Auch die Geosphere Austria meldet ein "starkes Signal" für Beben der Magnitude 2,9 durch den Feststurz.
"Das Unfassbare ist eingetreten. Ein sehr großer Gletscherabbruch ist vor circa 45 Minuten eingetreten. Ein großer Teil des Dorfes ist betroffen", so die Verantwortlichen in einer Medienmitteilung. Man sei im Moment dabei, sich ein Bild der Situation zu verschaffen.
"Wir können nur sagen, dass wir in Gedanken bei euch sind. So schwer es auch ist. Wir versuchen, Euch zu unterstützen, soweit es in unserer Macht steht, und halten euch auf dem Laufenden."
Der Abgang hat zudem die Lonza praktisch vollständig mit Geröll gefüllt, wodurch sich das Wasser im Fluss staut.
Durch den Klimawandel wird die Zahl von Extremwetter-Ereignissen im Alpenraum weiter zunehmen, warnen Klimatologen. Angesichts des Klimawandels kann nicht ausgeschlossen werden, dass wir in den kommenden Jahren vermehrt einzelne alpine Wohngebiete in Schweizer Tälern aufgeben müssen. Der auftauenden Permafrost auf den Gipfeln ist mit vermehrten Felsstürzen zu rechnen.
„Wir werden in den Alpen Lebensraum verlieren“Reinhard SteurerProfessor für Klimapolitik, BOKU Wien
Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der BOKU Wien, ist überzeugt, dass exponierte Regionen wohl angesichts immer häufigerer Katastrophen aufgegeben werden müssen – und das alleine schon aus dem Blickwinkel der Wirtschaftlichkeit: "Die Infrastruktur wird dort öfter zerstört werden, als man sie wieder aufbauen kann."
Steurers erschütternde Prognose: "Wir werden in den Alpen Lebensraum verlieren. Wir reden einfach noch nicht darüber, weil es so nah und deshalb so unangenehm ist." Mehr dazu hier: