Die Sorge um die medizinische Versorgung der Bevölkerung auf dem Land wächst: Fast 70 Prozent der Gemeindevertreter sehen die Versorgung ihrer Gemeinde durch fehlende Kassenärztinnen und Kassenärzte in den kommenden fünf Jahren gefährdet. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Kommunalverlages hervor.
Vor allem legistische Richtlinien, fehlende Flexibilität im Job und das Kassensystem halten Ärzte davon ab, in Gemeinden Praxen zu führen und an der Patientenversorgung am Land beteiligt zu sein. "Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen ganz klar, dass die Patientenversorgung am Land ganz essenziell dafür ist, ob eine Region überlebt", sagte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte
Dem könne man mit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Kassenärzte, sowie einer Erleichterung bei der Gründung und Bewahrung von ärztlichen Hausapotheken entgegenwirken. Dieser Meinung sind zumindest mehr als die Hälfte der Befragten. "Es sollte möglich sein, als Kassenarzt auch in Teilzeit zu arbeiten, denn jede besetzbare Kassenstelle ist ein Gewinn für das solidarische Gesundheitssystem", so Wutscher.
Auch Arbeitsmodelle, wie Gruppenpraxen, Job Sharing oder interdisziplinäre Zusammenarbeitsformen sollten zugänglicher gestaltet werden. Erste Anreize, um in Gemeinden als Arzt durchzustarten, wurden bereits geschaffen: Die Ärztekammer in Vorarlberg hat in Kooperation mit der ÖGK-Landesstelle ein Projekt entworfen, welches jungen Ärztinnen die Möglichkeit gibt, einen Anspruch auf einen finanziellen Mutterschutzausgleich nach der Entbindung zu erhalten.
Ein Faktor, der Kassenstellen im ländlichen Raum attraktiver macht, ist die Möglichkeit eine öffentliche Hausapotheke betreiben zu können. Die meisten Hausärzte besuchen ihre Patienten oft zu Hause, können aber in der Regel nur ein Rezept schreiben und die Medikamente nicht direkt dem Patienten geben. Noch dazu nimmt die Anzahl der Hausapotheken aufgrund von Gesetzen immens ab. Der Bundeskurienobmann sieht hier eine Möglichkeit. "Mit einem Wegfall der Sechs-Kilometer-Grenze, die den Abstand zwischen öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken reglementiert, werden Kassenarztstellen, vor allem im ländlichen Raum, schlagartig attraktiver", erläutert Wutscher.
„Die Gesundheitsversorgung ist wirklich ein großes und wesentliches Thema für die ganze Bevölkerung und mir macht daher die Nichtbesetzung entsprechende Sorgen.“Maria SkazelBürgermeisterin der Gemeinde St. Peter im Sulmtal
Eine Gemeinde, die sehr unter dem Mangel eines Kassenarztes leidet, ist St. Peter im steirischen Sulmtal. Die kleine Ortschaft mit rund 1300 Einwohnern besitzt seit 2023 keinen Kassenarzt. "Es ist ja tatsächlich so, dass mich die Leute ansprechen, wenn ich nur über den Kirchplatz gehe. Die Gesundheitsversorgung ist wirklich ein großes und wesentliches Thema für die ganze Bevölkerung und mir macht daher die Nichtbesetzung entsprechende Sorgen“, erzählt Bürgermeisterin Maria Skazel. Chronisch erkrankte Personen und die ältere Bevölkerung müssen einen längeren Weg zu einem anderen Arzt in Kauf nehmen. Zudem sind diese Patienten oft auf einen wöchentlichen Arztbesuch angewiesen.
Die Bürgermeisterin hofft, dass die Regelung in Bezug auf die Hausapotheken gelockert wird. Das Besitzen und Betreiben einer ärztlich-geführten Hausapotheke könnte Ärzte animieren, ihren Platz in der kleinen Gemeinde zu finden. So konnte auch der Nachbarort St. Martin schnell die Stelle für einen Kassenarzt nachbesetzen.